Acqua di Parma Blu Mediterraneo Chinotto di Liguria Cedro di Taormina

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Seit es die Blu Mediterraneo Kollektion aus dem Hause Acqua di Parma gibt, erwarte ich voller Sehnsucht und Neugier die Neuschöpfungen. Kaum ein anderes Parfum beschreibt durch die außergewöhnliche und geniale Gestaltung der Kompositionen besser italienisches Lebensgefühl. Viele zitrische Düfte aus der Richtung der Colognes, beeindruckend oft mit einem tollen Start, dem jedoch nichts folgt, als einer sich schnell verflüchtigenden und substanzarmen Reprise des zuvor aufgesprühten. Acqua di Parma hingegen macht bei der prägnanten Ouverture keineswegs Schluss, sondern geht den einen entscheidenden Schritt weiter, löst das Versprechen der markanten Kopfnote ein und hält die Spannung bis zum unverwechselbaren Finale. Denn aus der im Prolog über allem schwebenden zitrisch-würzigen Frische, entsteht eine Vielschichtigkeit und Vielseitigkeit mit einem knisternden Appeal. Ich habe eine unbeschreibliche Sehnsucht nach dem Meer. Schon als Kind gab es für mich nichts Schöneres, als am Horizont das magische Glitzern tanzender Sonnenstrahlen auf der Wasseroberfläche zu beobachten. Deshalb liebe ich Italien. Immer wenn ich mich schon den Bergen des Apennins der Riviera nähere, rieche ich, wie sich die Luft verändert, wie sie immer stärker nach Meer und würzigen Pinien und blühenden Jasmin duftet und etwas spritzig-aromatisches bekommt. Das kündigt eine andere atemraubend schöne Welt voller Zauber an. Es gibt Parfums, die es schaffen, genau das hervorzurufen, was ich im (oft) tristen Alltag so sehr vermisse und der neueste Duft Chinotto di Liguria von Acqua di Parma vermag es sogar Erinnerungen an meinen letzten Urlaub entlang der Riviera dei fiori und der Cinque Terre wach zu rufen. Hier wird das Mediterrane in seiner idyllischsten Form erlebbar - ein Wechselspiel aus Sonnenlicht, duftender mediterraner Vegetation, zauberhaften Buchten, verwegenen und brachial aus dem Meer ragenden Klippen vor einer Bergwelt voller Wälder, Schluchten, Bergdörfer und natürlich den kulinarischen Köstlichkeiten, wie dem weltbekannten Pesto all Genovese (oder Focaccerias und nicht zu vergessen den guten Muschel und Fischgerichten).



Natürlich sind die populärsten Orte in Ligurien überlaufen (auch wenn ein Besuch im mondänen Badeort San Remo mit der charakteristischen Altstadt La Pigna oder in Bordighera, Genua, Portofino oder Riomaggiore unbedingt dazugehört). Verlässt man aber die betriebsamen Küstenorte landeinwärts, fällt der Lärmpegel bald auf null. Keine Hotelbunker, kein Durchgangsverkehr, keine futuristischen Experimente, die das Auge stören. Schmale Serpentinenstraßen winden sich durch Olivenhaine und Weinberge und ich entdeckte strahlende Juwelen, wie das malerische Camogli. Die Häuser des Dorfes leuchten in den Farben Gelb, Rot und Ocker um die Wette während das Licht auf den grauen Dächern glitzert (sie sollen früher den Fischern bei Sturm den Weg in den sicheren Hafen gewiesen haben wird erzählt) und darunter ein lebendiges Labyrinth. Die türmchenbesetzten, ehrwürdigen Villen an den Hügeln sowie die gepflasterte Piazzetta tun ihr Übriges dazu. Ein einzigartiges Panorama. Ich mag keine Hochglanzstrände mit krebsroten gesonnten Touristen, die Liegestuhl an Liegestuhl den Strand okkupieren. Ich mag eher das Alleinsein am Strand (also schon mit meiner Familie aber eben ohne Touristen), kilometerlange Spaziergänge, ausgedehnten Wanderungen oder aufregenden Mountainbike touren. Doch am meisten liebe ich es über kleine, idyllisch gelegene Strände in versteckten Buchte zu schlendern und im glasklaren, erfrischendem Meer zu schwimmen und mit Freunden eine unbeschwerte Zeit voller Spaß und Freude intensiv und exzessiv zu verbringen, reine Lebensfreude und eine lockere, sinnliche Lebensart zu zelebrieren und die Ernsthaftigkeit für zwei Wochen zu verbannen. Eben jenes besonderen Lebensgefühls, das die Italiener La dolce vita nennen – das süße Leben, voll betörender, sonniger Leichtigkeit, Erholung, Inspiration und Kontemplation...
 
...ach war das schön... der Strand glitzerte und flimmerte unter der Sonne und ich beobachtete, wie Ruderboote und kleine Segeljachten in der Bucht schaukelten, während Wellen den Soundtrack des Tages dahinplätscherten. Die ligurische Unterwasserwelt kann es in puncto Farbenpracht mit tropischen Riffen aufnehmen. Auf einer sandigen Ebene breitete sich eine Seegraswiese aus. Die grünen Halme wiegen sich mit den Wellen wie ein Kornfeld im Sommerwind. Ich genoss die gischterfüllte Luft... das herrliche Gefühl von Meerwasser auf meiner Haut und den salzigen Geschmack des Ozeans, der sich nach einem Sprung in die Abkühlung verheißenden Fluten über meine Lippen legte... das nie endende Donnern der tosenden Brandung... die tanzenden Sonnenstrahlen auf meiner Haut, den Wind in den Haaren und den warmen Geruch von Meersalz und Sand auf meinen Händen. Es war wunderbar einfach die Augen zu schließen und die schäumenden Kronen der Wellen auf dem Sand knistern zu hören... zu fühlen, wie sich meine nasse Haut in der Sonne erwärmt und die Sandkörner unter meinen Füßen zu spüren. Die Blätter und Äste der Bäume und die Gräser an den Klippen ringsum raschelten und tanzten im Rhythmus des Winds. Der Wind bewegte Zitrusfrüchte und blühende Kräuter ganz leicht hin und her, die in den Gärten oberhalb der Küste wuchsen und wehte sie über den Strand. Sie waren bedeckt mit feinem Sandstaub und dem salzigen Film der Meeresluft. Ihr Duft bekam dadurch eine feine, grüne, frische und klare Note. Ein Duft, wie ein tiefer Atemzug, wie ein erfrischender Kopfsprung ins Meer. Dazu die Wärme der Sonne, frisches Obst, der Geruch warmer Hölzer von den am Strand liegenden und von der Sonne erwärmten Holzbooten und unendlich viel Zeit dies alles zu genießen. So haben wir viele wundervolle Tage verbracht. Das sind Momente, in denen alles klar, einfach und richtig erscheint, in denen ich mich umgeben fühle von Harmonie und Ausgeglichenheit. Die Zeit scheint wie stehen geblieben zu sein, wenn ich diese sinnlichen Glücksmomente genieße. Wenn wir müde und hungrig von Luft und Sonne waren, konnten wir auf den schmalen Terrassen der direkt am Strand gelegenen kleinen Cafés und lässig-rustikalen Bars unsere Füße in den Sand strecken und uns eine Gazpacho mit Wassermelone und Apfel (sehr lecker!), Knoblauch-Garnelen und Tomatenbrot servieren lassen... köstlich... oder nach dem Sonnenbad ein Glas erfrischend-prickelnden Sprudelwasser mit ganz vielen dünn geschnittenen säuerlichen Zitronen- und einigen süßen Orangenscheiben genießen.
 


Der Star im neuen Duft von Acqua di Parma ist die kleine runde Zitrusfrucht namens Chinotto, die dieses wunderbare Urlaubsfeeling einfängt und diese Landschaft entzückend beschreibt. Der Chinotto ist außerhalb Italiens in unseren Breitengraden eher selten anzutreffen. Lange Zeit war dies sogar dort eine vergessene Frucht. Diese leuchtend grüne Chinottofrucht, die erst mit zunehmender Reifung allmählich eine orange Färbung mit charakteristischer dunkler Färbung annimmt, wurde Erzählungen zufolge im 16. Jahrhundert von einem Seefahrer aus China an die ligurische Küste gebracht. Im Laufe der Jahrhunderte passte sich der Baum, der zur Familie der Bitterorangen gehört, den Böden und dem Klima am Mittelmeer an, wo er seitdem herrlich gedeiht. Die Symbiose aus der exotischen Frucht und dem manchmal recht turbulenten Mittelmeerklima auf einem schmalen Landstreifen voller Hügel und Berge, hat eine intensiv duftende Chinottofrucht hervorgebracht, die in dieser Art weltweit einzigartig ist. Genauso wie die Bergamotte ist die kernlose, sehr stark duf­tende Chinottofrucht pur ungenießbar. Denn ihr Fruchtfleisch ist zu tro­cken, ihre Schale zu dick, ihr Geschmack zu bitter. Der verarbeitete Auszug der Frucht ist allerdings ein wahrer Genuss, so zum Beispiel kandiert (dann sollen ihre verdauungsfördernde Ei­gen­schaften am besten freigesetzt werden) oder als Nonplusultra gleichnamige kohlensäurehaltige Limonade mit einem sehr charakteristisch bittersüßen Zitrusfrucht-Geschmack. In den 60ern wurde das Getränk von der Cola verdrängt und verschwunden war der Chinotto. Da Vintage allerdings nicht nur in der Mode angesagt ist, sondern wie es scheint auch im Obst-Métier, feiert der Chinotto derzeit ein köstliches Revival.

Chinotto di Liguria setzt beim Auftragen genau dieses Aroma frei: Einen reichhaltig erfrischenden Duft mit einer saftigen Explosion. Macht euch also auf den köstlichen Chinotto-Saft im Übermaß gefasst. Der typisch reine, spritzige, säuerlich-pikant-herbe (stellenweise sogar bittere, aber nie stechende) Chinotto-Duft, wird vom Glanz leichter und süß-fruchtiger Akzente der Mandarine erfrischt. Den Chinotto dürstet es förmlich die Luft mit seinem Aroma völlig einzunehmen und die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ein Aroma, das mit den Strahlen der Sonne versetzt ist. Besonders interessant ist der Chinotto, weil er ein leicht bitteres Aroma (charakteristisch für Zitrusfrüchte) mit dem Duft seiner grünen Blätter und seinen wohlriechenden weißen Blüten vereint (quasi Orangenblüten nur in herb). Der aromatische Chinotto (zur besseren Vorstellung, sein Duft erinnert an die Schalen von Bitterorangen) badet geradezu in den Nuancen aus vollen, leckeren und saftigen Fruchtfleisch der Mandarine. Wie ein Cocktail aus frisch gepressten Zitrusfrüchten - herb aber nicht zu sauer, einfach genau richtig. Ein unverfroren sattes Prickeln von saurem Zitrus auf der Zunge. Der Chinotto würzt hier mit seiner dunklen bitter-zitrischen Tönung die strahlende Mandarinen-Note und verleiht ihr auf diese Weise eine pikante Frische (ich kenne keinen fröhlicheren Duft als den der Mandarine und dieser hier erinnert mich tatsächlich an das explosive Gefühl einer frischen Mandarine).

Weiße Jasminblüten strecken in den Gärten der Häuser, die an den Klippen den Starnd säumen, ihre zarten Köpfchen wonnig der Sonne entgegen und auch im Herzen steigt die Sonne gen Himmel empor und die samtweichen Kraft von wildem Jasmin erblüht und entfaltet einen fruchtigen Charakter mit sinnlichen und umhüllenden Komponenten, die jedoch zurückhaltender interpretiert sind, als wir es von traditionellen floralen Jasmin-Düften gewöhnt sind. Der Mann hinter Chinotto di Liguria, François Demachy (Haus-Parfumeur bei Dior), hat statt dessen die Grenzen zwischen feminin/maskulin und opulent/transparent ausgelotet und sich darauf konzentriert aus dem Jasmin eine Portion Kühnheit, seine ursprüngliche Frische und seine Klarheit, kurzum den unsüßen Reichtum seiner Einfachheit herauszukitzeln, so dass er dem Chinotto die herbe Strenge nimmt und den Duft weicher wirken lässt und ihm (ein wenig) Volumen schenkt ohne ihn zu floral-lieblich erscheinen zu lassen. Unter Monsieur Demachys Federführung entstand eine seidene Jasmin-Note unnachahmlich in ihrer selbstverständlichen, stilsicheren, geschmeidigen Eleganz - derart umzusetzen, dass ich sie beim erschnuppern nicht sofort mit einem Damenduft assoziierte. Dies erfordert (abgesehen vom Handwerk) ein künstlerisches Können und einen Sinn für Äsethik und dafür gebührt dem Parfumeur ein ganz großes Kompliment. Ein sehr reizvolles Resultat.

Jasmin ist die Essenz, die der Komposition ihre Feinheit verleiht. Doch die zarte Zurückhaltung ist nur schöner Schein, hinter dem sich eine interessante Ambivalenz versteckt. Der Jasmin-Duft gibt sich einerseits ganz harmlos und subtil, als hätte ihn der Wind flüchtig zu uns geführt, hat es aber in sich: Schon bald entfaltet er eine glanzvolle Aura von besonderer Fülle und Präsenz von rebellischer Wildheit, distanziert und doch auch in der gleißenden Sommersonne leicht entflammbar – einen stolzen, erhabenen Wohlgeruch einer sehr feinen Seifigkeit (mit sonnenmilchartigen Akkorden) unterlegt mit eleganter Reife. Verblüffend. Ausdauernd. Das ist der prägende Akkord. Die perfekte Balance aus Stärke und Zartheit. Mich reizt an diesem Duft das pausenlos oszillierende Wechselspiel zwischen süß/bitter und hell/dunkel hinter der Kulisse des herrlichen Orangenaromas. Diese zitrus-fruchtigen und dezent-floralen Anklänge treffen auf luftig-schwebende, aquatische Noten voller frischer Meeresakkorde mit sauberen und wässrigen Noten und den Geruch von Meersalz, Algen und warmen Sand. Wenn die dunkelfruchtige Opulenz des Chinottos dynamisch auf den strahlenden Jasmin prallt, gerät die Komposition in ständige Bewegung und Veränderung. Daraus entsteht ein plötzlicher Windstoß und der Duft wird überraschend würzig schattiert. Rosmarin und Kardamom buhlen mit den hespiridischen Akkorden aus der Kopfnote um meine Gunst. Das anisartige Funkeln des Kardamoms mit einem frisch-würzigen und scharf-herben Ton, unterstreicht prickelnd die ganze Reinheit der Hesperiden, während die krautige Frische von Rosmarin dunkelgrün schillernd und ganz und gar schlicht das königliche Jasmin schmückt. Das ist wie ein duftender Sommersong mit einem coolen Beat. Meine Sinne vibrieren. Beim Tragen merke ich, wie sich langsam mein Puls erhöht und schmunzelnd gebe ich gerne zu, dies ist ein Statement für sommerliche Lebensfreude.

In dieses sonnig-strahlende Fluidum webt sich ein sparsam instrumentierter Fond ein und fängt den Ausklang dieser Duftlandschaft mit einer Brise trockenen Moschus und einem Hauch erdig-holzigen Patchouli mit auf, die einen eleganten Unterton schaffen – weder feminin noch maskulin – sondern einfach bellissima (die dunkel-kräftigen Aura der Patchouli-Essenz strahlt eine kühle Eleganz aus und verleiht mit ihren beruhigenden Noten ein tiefes Gefühl von Ausgeglichenheit).

Übrigens... natürlich habe ich mir ein paar Gläser Konfitüren und Gelees aus frischen Chinotto-Früchten aus dem Urlaub mitgebracht.
 
Mit dem zweiten Duft von Acqua di Parma Cedro di Taormina, der es mir diesen Sommer angetan hat, reisen wird an die sonnengeküsste Ostküste Siziliens. In das, für sein unbeschreibliches Flair bekannte, Städtchen Taormina, das auf einer eindrucksvollen Felsterrasse ruht. Der Duft atmet den facettenreichen Zauber dieser besonderen süditalienischen Mittelmeerregion. Die Luft ist dort wie ein Seidentuch, exotische Düfte und geheimnisvolle Aromen vereinen sich mit orientalischer Sinnlichkeit und weltgewandter Frische. Jeder Sprühstoß wird damit zu einer mediterranen Offenbarung, die vor meiner Nase die olfaktorische Herrlichkeit des Mittelmeeres ausrollt mit den Farben und Gerüchen, die nur Sizilien zu bieten hat. 

Die erfrischende und intensive Ouverture von Cedro di Taormina feiert den aromatischen Hesperiden-Auftakt mit einem unwiderstehlichen Mix aus spritziger und klarer, satter und saftiger Fruchtigkeit gelber und eisgekühlter Zitrusaromen (als würden wir frische Zitronen aufschneiden und aus dem herb-süßen Aroma ihres Safts und Fruchtfleisches ein Zitronensorbet zubereiten, dessen saftig-frisches Prickeln uns das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt). Bei frisch aufgeschnitten Zitrusfrüchten – so saftig und natürlich – ist es schnell um mich geschehen und zwar nicht nur beim Frühstück oder als kleiner Vitaminschub zwischendurch, sondern auch dufttechnisch. Deshalb kann ich umwerfenden zitrischen Noten nur äußerst schwer widerstehen. Deshalb habe ich mich sofort nach dem ersten Schuppern in den Duft verliebt. Ist euch aufgefallen, dass Cedro eine Wortspiel ist, das Zeder und Zitronat gleichermaßen vereint? Beiden Bedeutungen wird der Duft gerecht. Denn der Duft lebt von der Fusion aus einer herrlich-sauberen Zeder (mit hauchfeinen seifigen Anklängen), die auf übersprudelndes Zitronat trifft.

Der erstaunlichste Moment des Duts ist diese Eröffnung, wenn einem der erste wundervolle Anklang der zitrischen Nuancen begegnet. Sie haben eine vibrierende Energie und eine schier unendlich erscheinende Frische in sich. So klar und funkelnd wie Sonnenstrahlen, die morgens durch die Wolkendecke brechen und alles in gleißendes helles Licht hüllen. Ein starker und facettenreicher Auftakt – sehr hell, frisch und kühl - fast wie ein Cologne und doch voll im Bouquet und reich in seiner Nuancierung. Cedro di Taormina ist der sizilianische Duft par excellence - zitrisch, blumig, süß, wie Zitrushaine mit Zedratzitronen, die im Frühjahr und Sommer in der warmen und umhüllenden Sonne erblühen (und subtil aber nachhaltig ihren Duft über die ganze Stadt legen). Der erste Moment erinnert säuerlich an das ätherische Öl von Zitronenschalen (an die Schale und das Weiße der Zitrone) und ist luftig-frisch. Der zitrisch-fruchtige Charakter entwickelt sich erst mit der Zeit und wird leicht süß, grün und zitrisch-mild. Zum Verweilen und Träumen schön. Diese belebende und übersprudelnde Frische entspringt einerseits Cédrat – der Zedrat-Zitrone und andererseits Petitgrain – dem ätherischen Öl aus den unreifen Früchten der Bitterorange (es hat einen fruchtigen Duft, der aber auch fein-herb und frisch ist, er ähnelt dem Duft von Neroli, ist allerdings nicht so blumig). Dieses Duett erzeugt diese frisch-spritzige, herb-fruchtige und intensiv-zitrische Tiefe und träufelt seine fruchtig-süße Glasur auf herbes und stellenweise ein wenig minzig anmutendes und sehr aromatisches Basilikum (das wie frisch gepflückt duftet). Diese frisch-herben, leicht süß-fruchtigen Zirtusnoten treffen großzügig dosiert, präzise ausbalanciert aufeinander und verleihen dem deliziösen Duft einen kraftvollen und dynamischen Charakter. Alsbald eröffnet sich eine tiefere Struktur mit einer sanften, grünen Krautigkeit, die eine gewisse Ähnlichkeit mit der Note von Anis für mich hat und die ich nicht als Basilikum, das süßlich und würzig zugleich duftet, wahrgenommen hätte. Es verleiht dieser Mischung einen Touch prickelnder grüner Frische und hebt die faszinierenden Widersprüche innerhalb des Dufts hervor.

Hierzulande ist Cédrat als Zitronatzitrone bekannt und wird leider oft nur in Form klebriger Würfelchen in der Weihnachtsbäckerei verwendet, um Lebkuchen zu verfeinern. Diese imposante Frucht aus der Gattung der Rautengewächse, zeichnet sich insbesondere durch seine gelblich-grüne bis goldgelbe, dicke, raue, schrundige Rinde aus. Denn nicht das spärliche Fleisch dieser Frucht, sondern das Drumherum, die Schale, wird zu Zitronat, Likör oder Parfumessenzen verarbeitet. Ihr unberechenbares, überraschendes und facettenreiches Aroma ist fruchtig-herb, nicht zu süß, sondern schön erfrischend, pikant und beruhigend zugleich und behält daher gekonnt die Balance zwischen säuerlich und süß sowie erfrischend und berauschend und prägt wunderbar den spritzigen Charakter des Dufts. Denn ihr frischer und energievoller Duft kombiniert die prickelnden Noten des Fruchtfleisches mit dem zarten Hauch holziger Noten aus der Schale. Ihre intensiv Gelb gefärbte Schale ist Sinnbild für die Leuchtkraft der mediterranen Sonne.

In Sizilien war ich als Kind (im sagenumwobene Syrakus, in Catania und mein persönliches Glanzstück die eindrucksvolle Basilika San Giorgio in Ragusa mit ihrer imposanten Freitreppe). Orte, die so sehr Bühne sind, große Oper und große Gefühle in einem. Es ist unmöglich, die Erinnerungen zu sortieren. So viele Eindrücke. Aber ich erinnerte mich stets, das beste Eis der Welt dort gegessen zu haben und dass der Boden vor Sonnenhitze nahezu flimmerte. Vor ein paar Jahren war ich wieder in Taormina. In demselben kleinen weißen Haus am Meer. Eine Ewigkeit ist es her. Doch es sah noch ganz genau wie damals aus und auch das Eis war zwar immer noch lecker, aber ich erblickte viele andere Sachen, die mir als Kind nicht aufgefallen sind, dafür jetzt umso mehr gefielen, antiken Bauwunder rund um die Piazza Duomo und Piazza IX Aprile, die reich verzierte alte Palazzostruktur der Stadt mit Türmchen und Erkern, in den Wintergärten uralte Fensterscheiben voller Lufteinschlüsse, die den Blick verschwimmen lassen, Balkons und Stützpfeiler mit in Stein geschlagenen Fabelwesen geschmückt, und blühende Gärten, ich konnte stundenlang im Café Wunderbar sitzen und das bunte Treiben in den winkligen charmante Gassen und auf den steil ansteigenden Treppen beobachten, auf deren Mauern es aus den blütenübersäten Gärten bunt hinüberrankte, eine Farborgie in Grün und Weiß und allen Tönen von Rosa und Rot unterbrochen nur durch die herberen, steingrauen alten Gemäuer der Gebäude (kennt ihr den Moment, wenn ihr jemanden beobachten, der wiederrum jemand anderen beobachtet und dann von euch dabei ertappt wird, wie er eben jemanden beobachtet, das ist ein ur-komischer Situation) - und dies alles zum leisen Geklimper des Pianos.

Und all jenes bunte Treiben spielt sich vor dem überwältigenden und Ehrfurcht einflößenden Anblick auf den legendären Ätna in Pastell ab, der hier Tag und Nacht sein Rauchfähnchen in den Himmel pustet und manchmal mit einer dünnen scharfen Säule aus Rauch den blauen Himmel kitzelt, immer von einer unverschämten, trügerischen Ruhe. Um es gleich zu beichten - Nein, ich war nicht am Ätna – aber die Verführung dazu war groß, insbesondere weil alle von Dante und seinem Inferno sprachen, von heißer Lava unter den Sohlen und dem alles überlagernden Schwefelgeruch. Davon, wie unheimlich dieser Berg sei und und und... Doch ich blieb ihm fern. Mich zog es zum schönsten aller Plätze dem antiken Teatro Greco. Eigentlich ist dieses griechische Amphitheater eine Ruine aus zerborstenen und gefallenen Säulen und mühsam gestützten Bögen. In der Mitte ist diese Bühne völlig eingebrochen, aber dadurch gibt sie den Blick frei für ein Panorama, so weit und grandios wie eine ideal gemalte Landschaft auf Leinwand - blau die Wasser der Bucht von Giardini Naxos mit ihrem weit schwingenden Ufer, am Abend lichterübersät, dahinter sacht ansteigende Hügel und über allem, ganz nah und doch so fern, wieder dieser Vulkan. Seine Majestät, der Ätna, mit seiner Krone aus Schnee. Ein Ort von einer solchen theatralischen Kraft. An lauen Sommerabenden werden auf der wunderschönen Bühne Konzerte, Ballettaufführungen, Filme und Theatervorstellungen gegeben. Spektakulär, wenn unter einem das Lichtermeer Taorminas flimmert und über einem die Sterne funkeln. Ihr seht, Taormina hat mich schwachgemacht. Das kuriose ist aber, es ist einer jener Orte, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Und die es trotzdem gibt, thront Taormina doch wie ein Adlernest auf einem Felsplateau des Monte Tauro. Terrasse für Terrasse in den Berg gehauen So ist die Gegend von der kraftvollen Intensität des Vulkangesteins und der so typischen Mittelmeer-Macchia-Vegetation geprägt. Und überall der Duft von Zitronen (denn hier ist die große, gelbe, dickschalige Zedrat-Zitrone zu Hause) und Zedernholz.

Wenn sich diese Essenzen langsam in der Luft ausbreiten, beginnt der Duft seine wahre Natur weiter zu offenbaren. Das sagenhafte Zitrus-Thema steht eindeutig im Mittelpunkt der Kreation und der feine Fruchtsaft führt direkt ins Herz und bettet sich auf würzige Noten von schwarzen Pfeffer, die den Duft um prickelnde Aspekte bereichern und ihm ihre belebende Schärfe verleihen (und dem Duft einen fast metallischen Anstrich verleiht, so dass auf meiner Haut ein kühlendes Gefühl entsteht – dieser Effekt ist äußerst angenehm und erfrischend). Dazu gesellt sich Lavendel. Ähnlich dezent und nur im Hintergrund zu erahnen, sind die nach frisch gepflückten Kräutern und zugleich blumigen (dezent sogar zuckerartigen ja ganz genau wir denken nur an den hochwertigen Lavendelblütenhonig eine besondere Köstlichkeit) beruhigenden, klaren Essenzen duftenden Blüten des Lavendelstrauchs, die dem Parfum einen unverwechselbaren Blumenspiel-Akzent verleihen und eine trockene Schattierung. Damit scheint Lavendel wohl auch für die Schärfe dieses Dufts mit-verantwortlich zu sein. Es besitzt aber auch eine dezente Fruchtigkeit, die von einer balsamischen Nuance umgarnt ist. Ich bin fasziniert, wie hier die Duftnoten dermaßen gekonnt verwoben wurden, dass ein derart gefühlvoller und melodiöser Rhythmus entsteht. Ein wahrer Genuss auf höchstem Niveau. Pfeffer und Lavendel ist eine gewagte und vielschichtige Mischung. Doch die beiden Noten bringen sich gegenseitig erst richtig zur Geltung. Ganz weich und warm und elegant und anschmiegsam. Sie geben dem Duft-Körper Substanz. Das ist ein pulsierender Kontrast, welcher dem zitischen Charme Intensität und einen besonderen Kick verleiht. Das hier ist Sizilien. So, wie es wirklich duftet, wenn ich hinaufsteige auf die felsigen Hänge des Monterosso Almo... wo ich, abseits des Lärms, die Vögel singen hören kann... wo der scharfe, salzige Duft der See aufsteigt und sich mit dem dunklen Grün der Macchia mischt... wo ich weit hinausblicken kann auf das Ionische Meer... herber und klarer ist der Duft, der mich dort oben umgibt. Da ist nicht Liebliches mehr, da weht der heiße Wind kräftig und trägt den Duft der Macchia heran. Grün, rein, dunkel. Reich an Aromen wilder Pflanzen und Sträucher. Dieses ausgedehnte Grün der Landschaft wurde in Cedro di Taormina zu einem überschäumenden Duft in fließenden Linien, zwischen sprühend und betörend zusammengefügt.

Zum Ausklang erfahre ich wärmende Einflüsse und bin beeindruckt von einem pure Frische atmenden wohlig trockene holzig-würzig-balsamisch anmutenden Drydown (mediterran und nach nahem Meer duftend und das ganz ohne aquatisch zu sein), der durch den vibrierenden Charakter von feurigem Virginia-Zedernholz befeuert wird und dem Finale Tiefenwirkung schenkt. Vétiver mit seiner kräftigen Aromavielfalt aus erdigen Nuancen und das nach Amber duftende Labdanum mit seinen weichen, warm-würzigen, balsamischen (leicht ledrigen) Anklängen geben sich einem waghalsigen Flirt hin und verleihen dem Duft eine sanfte Sinnlichkeit (Labdanum verleiht dem Duft eine ganz besondere Note, handelt es sich doch um eine der wenigen Pflanzen, die animalische Aromen in sich tragen). Diese Basisnote verspricht ein immer spannender werdendes Dufterlebnis und sorgt für einen markanten Abschluss - kraftvoll und authentisch. Eine elegante Duftkreation aus der Leichtigkeit und Reinheit strahlen. Der Duft wirkt selbst am Abend immer noch sehr zitronig. Nur hat sich seine Nuance leicht verändert. Seine Frische wirkt nun grüner, krautiger, fast ein wenig süßlich und vermag die Zitrusakzente (nun mehr orangig und dezenter) mit ihrer charaktervollen Tiefe noch sehr lange auf der Haut zu halten und anzureichern. Um diesen Effekt zu erzielen verwendete François Demachy im Fall von Cedro di Taormina Vétiver und Labdanum, die wegen ihrer langen Haftung ausgezeichnet als Fixateur für Petitgrain und Cedrat fungieren, um einen bleibenden Eindruck der Zitrusfrüchte zu vermitteln. Ihre Struktur ist weiträumig, während sich die Einzelnoten zu harmonischen Akkorden vermischen. Nichts steht hinten an, alle Facetten sind wichtig und wurden maßvoll abgewogen. Ist sie erst einmal angestimmt, klingt die Komposition lange und zart nach und löst sich in reizvollen Tiefe auf und hallt in duftenden schaumgekrönten (Meeres)Wellen wider. Das Ergebnis ist ein sagenhaft schöner Duftpfad, den dieser kostbare Duft hinterlässt. Für diese Kunst der Subtilität schätze ich Acqua di Parma sehr.

Mit seinem überschäumend-zitronigen Charakter scheint Cedro di Taormina eine Ode an alle Zitrusfrüchte, die von der Sonne am Mittelmeer geküsst werden, zu sein. Der Duft mutet sehr elegant und kunstvoll an und vermittelt ein unnachahmliches Gefühl von Lebendigkeit, das wohl nur mit einem Cologne entdeckt werden kann. Dabei ist dies ein Duft von bemerkenswerter Intensität, der eine einzigartige, würzig-holzige Zitrus-Frische, umwoben von einer Vétiver-Note, ausstrahlt und geradezu einlädt, tief in die unverfälschte Frische einzutauchen.
 
Beim meinem letzten Besuch saßen wir nächtelang im Abendlicht und schauten hinaus aufs Meer bei Einbruch der Dämmerung, bevor die Sonne in die Unendlichkeit entflieht und die Welt in einen Glanz aus Rosé und Orange taucht und eine tiefe, sinnliche Ruhe verbreitet. Ein Gefühl des Wohlbefindens an einem  Sommerabend, von dem ich wünschte, dass er zu Ende geht... Wir genossen die abendliche Milde, während in der Ferne die glühenden Lavaströme des Ätna in der zunehmenden Dunkelheit immer heller schienen. Etwas, legte sich wie ein Schleier auf die Haut und der Duft des Schwertfischs mit Oliven, und der Wein schmeckte anschließend nach Asche... aber das ist eben Sizilien unverfälscht und natürlich.

Dank der warmen und kuscheligen Basis steht auch einer ganzjährigen Liaison nichts im Wege und so werden die Düfte auch in den dunkleren Jahreszeiten die Sonne für mich hervorlocken. Der Duft beherrscht mit seiner zitrisch-frischen Art auch eine ganze Pflegelinie.

Die beiden Düfte hat François Demachy komponiert und seine Leidenschaft für kurze Akkorde einfließen lassen getreu seiner Devise - Komplex in raffinierter Einfachheit. Seine Kreationen sind sehr klar und rein und spiegeln die Natur wider. Vortrefflich pointiert der Parfumeur diese wunderschönen Landschaften vielseitig, farbenfroh, ausgelassen mit Frische, Blütenkraft und Leichtigkeit in transparenten Düften, die reich an sonnigen Akkorden sind, vergass dabei aber auch nicht, mit einer verführerischen Note für Sinnlichkeit zu sorgen. Eine kurze Formel mit einem so unverwechselbaren Charakter, dass er mir nicht mehr aus dem Sinn geht. Der Parfumeur wollte mehr als bloß weitere Sommer-Düfte unter vielen erschaffen. Er wollte seine Vision verwirklichen, den saftig grünen Duft Italiens entstehen zu lassen, den man förmlich sehen und schmecken kann. Und das ist wirklich etwas sehr besonderes, die Verbindung von schroffen Klima und zarter Flora bringt ein einzigartiges Aroma zu Tage, das in dieser Art eben nur in Bella Italia anzutreffen ist.

Die bloße Vergegenwärtigung schöner Urlaubsträume wäre ein zu geringes Ziel für François Demachy. So sehr wir auch versuchen, den perfekten Moment an uns zu binden, ihn zu konservieren und unvergessen zu machen, es wird uns niemals vollständig gelingen. Durch Düfte können wir die Erinnerung an die Schönheit des verstrichenen Augenblicks aber zurückrufen.


Fotos © LVMH Parfums & Cosmétiques / Acqua di Parma
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