A Lab On Fire Eau D'Ipanema


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Im Radio erklingt eine Melodie, ganz simpel, ganz eingängig (erstaunlicherweise ist die rhythmische Struktur hingegen derart komplex, dass Jazz-Theoretiker darüber Abhandlungen verfassen). Es ist eines der bekanntesten Lieder der Welt: The Girl from Ipanema. Wenn das berühmt-berüchtigte Mädchen besungen wird, ihre Anmut, ihr Gang, ihr Hüftschwung, der alle Männer in Verzückung geraten lässt und der Bossa-Nova-Rhythmus eure Phantasie beflügelt... wovon träumt ihr dann? Von Sonne? Von blauen Himmel? Von der Copacabana und dem berühmten vier Kilometer langen halbmondförmigen und puderzuckerweißen Sandstrand? Von gigantischen Hochhäusern, die sich wie touristische Voyeure um den Strand auftürmen? Vom Karnevalsspektakel in Rio – dem Fest der Körperlichkeit, das jährlich Hunderttausende in die brasilianische Millionen-Metropole mit farbenprächtig und äußerst knapp bekleideten heißblütigen Samba-Tänzerinnen und muskulösen Cariocas (wie sich die Bewohner Rios selbst nennen) lockt und die Lebensfreude in einem Feuerwerk der Farben und der Sinne explodieren lässt? In wohl keiner anderen Stadt der Welt gehört Lebensfreude so zum Alltag wie in Rio de Janeiro. Hier begrüßt die monumentale Christus-Statue (eines der sieben modernen Weltwunder) auf dem Corcovado jeden Besucher mit offenen Armen und der Botschaft von Liebe und Hoffnung und lädt zu einem atemberaubenden Ausblick über die Stadt ein mit der schlangenartigen Brücke über der Bucht von Guanabara und natürlich den Zuckerhut. In dieser Stadt pulsiert das Herz im Wasser und das rötliche Licht der Sonne zaubert malerisch Ornamente auf gebräunte Haut. Diese Stadt hat den Winter besiegt und erlebt selbst im Januar den Sommer. Das Dogma und die Ideologie beruht darin sich vollkommen frei zu fühlen, och nein, frei beschreibt dieses feine, ausgelassene und leichte Lebensgefühl, für das die Brasilianer so bekannt sind, nicht annährend, rebellisch, das trifft es schon eher. Hier gehört die Leichtigkeit des Seins, lässige Sinnenfreude, entspanntes Flirten und kokette Blicke einfach zum Alltag. Musik und Tanz, sich im Rhythmus der Samba zu verlieren, spiegeln das Lebensgefühl der Menschen vielleicht am besten wider. Die neueste Kreation von A Lab On Fire - Eau D'Ipanema - hat die Einfachheit dieser Wahrheit und Offenheit und vereint das Kostbare mit dem Wesentlichen.
 
Wenn Carlos Kusubayashi, der zugegebenermaßen etwas exzentrische und sogleich geniale und kreative Kopf der Marke A Lab on Fire, an Rio denkt, dann an den Strand von Ipanema und Kindheitserinnerungen werden wach, wenn auch nur sehr verschwommen. Die wertvollsten gehen auf ein altes schwarz-weiß Foto zurück, das ihn mit 2 Jahren in den Armen seines geliebten Vaters am Strand von Ipanema zeigt. Sein Vater verstarb nur kurze Zeit nachdem das Bild aufgenommen wurde und seine Mutter nahm ihn mit nach Japan, wo er bei ihrer Familie aufwuchs. Als Teenager lauschte er wie gebannt The Girl from Ipanema und träumte sich an die weißen Stränden, zu den Aromen und Farben seiner geliebten Heimat Brasiliens zurück. Seitdem hat dieser Song einen ganz besonderen Platz in seinem Herzen. Immer wenn ihn die Melancholie einholt und es ihm schwer ums Herz wird, spielt er dieses Lied, schaut sich die letzte Fotografie mit seinem Vater an, die er stets bei sich trägt und wie einen Schatz hütet, und schwelgt in schönen Erinnerungen.

Schon lange hatte Carlos den Wunsch einen Duft zu kreieren, der von seiner eigenen Kindheit in Brasilien beeinflusst ist. Nach einer zufälligen Begegnung mit Jean-Marc Chaillan auf einer Party bei guten Freunden, vertraute er es dem Parfumeur an seine Vision dieser brasilianischen Atmosphäre umzusetzen. Jean-Marc Chaillan ist als Kind zwar in Grasse aufgewachsen umgeben von Mimosen, Lavendel, Rosen und Jasmin. Doch das Abenteurerherz führte den Parfumeur nach São Paulo. Natürlich hatte sein Leben in diesen wärmeren Gefilden einen bleibenden Einfluss auf seine Arbeit. Seine französische Parfum-Ästhetik verband sich mit dem bunten Geschmack und der Kultur des brasilianischen Lebensstils. Hier entwickelte er eine Vorliebe für natürliche Rohstoffe und begann Ingredienzien neue Dimensionen zu entlocken. Sein Markenzeichen sind Eleganz und Struktur, gepaart mit technischer Perfektion und veredelt mit Lebendigkeit, um seinen Düften Lebensfreude einzuhauchen. Dazu bevorzugt er süße, nahezu schwüle Noten, die mit ganz dunklen Nuancen verschmelzen und eine ungeahnte körperliche Wärme entwickeln. Carlos Kusubayashi war sich sicher den Richtigen mit der Aufgabe betraut zu haben, denn Jean-Marc Chaillan hat selbst jahrelang das brasilianische Lebensgefühl genossen und sogar eine wunderschöne brasilianische Frau geheiratet. Die besten Voraussetzungen also selbst erlebte lateinamerikanische Impressionen und die lateinamerikanische Seele überraschendschön olfaktorisch zu zelebrieren.

Eau D'Ipanema erscheint mir wie eine Hommage an Klassik und Moderne. Ich finde diese Parfumkreation sehr spannend, nicht nur, weil sie von einem der berühmtesten Strände der Welt erzählt, sondern weil sie auf einer Duftmischung basiert, deren Kreation in der Vorstellung von Carlos Kusubayashi geboren, aber nie abgeschlossen und erst von Jean-Marc Chaillan komplettiert wurde. Das Ergebnis ist ein Duft von fantastischer Spritzigkeit und Würzigkeit mit frischen und süßen Noten, die zwischen Blüten und vielen Früchten tanzen und von absolut reinem Wasser durchflutet sind.
 
Duftkomposition
Kopf • Ananas, Bergamotte, Rote Früchte, Mango, Rosa Pfeffer
Herz • Orangenblüten-Absolue, Tunesisches Wasser (LMR), Jasmin, Freesie, Neroli
Fond • Cremige Noten, Vanille und Moschus
 
Bereits die ersten Tröpfchen des Duft versinnbildlichen auf imposante Weise den Charme, die Lebenslust und den Genuss von Rio. Dies ist ein zündender Akkord, wie ein sich spontan entfesselndes Lachen. Das üppige Aroma einer sündigen, sahnecremigen, köstlichen, goldgelben Ananas, frisch geschält und in Stückchen geschnitten, katapultiert mich geradewegs in Urlaubs-Laune (Südssee-und-Bacardi-Bounty-Werbefilm-Feeling inklusive). Zusammen mit der Ananas schweben tropische Fruchtnoten durch die Luft. Die Ananas ist fast triefend vor herrlichem Fruchtsaft, doch trotzdem nicht zu süß, sondern sehr erfrischend und belebend, wohl weil sie mit einigen frisch-herben Spritzern grün-säuerlicher Bergamotte beträufelt ist. Diese vielschichtigen Zitrusfacetten machen die erste Impression brausend, im Kontrast zur zarten Fruchtsüße der Ananas und versetzen die Duftpyramide mit würzigen Rosa Pfefferkörnern in Schwingung, bis sie sich um die Akkorde aus eisgekühlten roten Früchten in ihrem Zentrum dreht. Diese köstlich duftenden (und sicherlich auch schmeckenden), saftigen, unglaublich verlockenden, unwiderstehlichen, sonnengetränkten roten Früchte verschmelzen zu einem überwältigenden Cocktail (welche mögen es wohl sein, süße Pflaumen, flaumigweiche Himbeeren, Erdbeeren, Johannisbeeren, Cranberries, Kirschen, was denkt ihr?). Dieser bezaubernde Akkord aus zitrisch-herbsüßer Fruchtigkeit ist prickelnd, spritzig, lebhaft und führt zu einem wahren Duftrausch. Mir läuft das Wasser im Munde zusammen und ich bekomme Appetit auf ein leichtes Fruchtsorbet als kleine willkommene Erfrischung bei heißen Sommertemperaturen. Alles duftet verboten lecker, ohne dabei allzu sehr in die Gourmandecke abzugleiten. Die Idee der überschäumenden brasilianischen Lebensfreude symbolisiert auf brillante Weise die sehr präsente grüne Mango-Note (sie wurde in einer ausgewogenen Weise verwendet, nicht zu süß und auch nicht zu reif interpretiert, sondern mit einen ganz natürlichen, verlockenden Eindruck, der einen exotischen Touch und eine zarte, grüne Gourmand-Nuance andeutet).

Dieser die Sinne verzaubernde Auftakt macht den Weg frei für den schönsten und reinsten aller Düfte – den Duft von friedlich dahinfließenden Wasser. Doch Eau D'Ipanema erinnert keinesfalls an salzige Meeresgischt, och nein, sondern an reines, kühles Wasser, an die belebende Frische sprudelnder Wellen. Dieser wässrige Eindruck zieht sich durch den gesamten Duft und schenkt ihm eine ganz und gar außergewöhnliche, unendlich lang anhaltende Frische. Über diesem Nass schwebt ein Blumenmeer aus kristallinen und leuchtenden Orangenblüten, die einen zartweißen Duft hinterlassen. Die reine Orangenblüte präsentiert sich honig-betupft und in einer überaus zarten und frischen Interpretation, dezent aber präsent, strahlend hell, vergänglich aber unvergesslich. Langsam entsteht ein leuchtend floraler Akkord, der sich als kostbare Prägung um meinen Körper legt (wie ihr merkt, bin ich sehr angetan, wie schön Jean-Marc Chaillan eine meiner Lieblingsingredienzien modelliert hat). Das Orangenblüten-Absolue macht den Duft wunderbar sinnlich und durch seine außergewöhnliche, lichterfüllte Lieblichkeit erhält der Duft eine weiche, berauschende Wärme. Auch fügt das Orangenblüten-Absolue dem eigentlich leicht würzig-bitteren Neroliöl eine süße, zarte Note hinzu. Im Hintergrund kommt ein leicht fruchtiger Jasmin mit seiner ach so charakteristischen weißen Blütennote zusammen mit einem luftigen, grün-pikanten, frühlingsfrischen, süßen Freesienakkord zum Tragen. So trifft zarte Fruchtigkeit auf verführerische Süße und vereint sich zu einem einzigartigen Dufterlebnis mit einem aquatischen und zugleich botanischen Frischehauch.

Nach und nach verebbt dieser Wohlgeruch in sanften Wellen und der köstliche Blüten-Morgentau wird schmelzender und wandelt sich zu einem herrlicher Nektar. Ich finde das sehr beeindruckend. Denn alles ist an seinem vorgesehenen Platz, alles verbindet, vereint, vermischt sich und jede Ingredienz spendet der anderen Ausdruckskraft. Damit wird die Natürlichkeit und sonnige Vitalität und Frische im Herzen von Eau D'Ipanema wunderschön fließend und vollkommen transparent unterstrichen. Eine sinnliche Note von sanfter Komplexität entsteht nach einer Weile und mit einem holzig-samtenen Vanille-Effekt legt sich Moschus mit weicher Cremigkeit um die anderen Noten des Dufts. Obwohl Cremigkeit umschreibt das Gefühl, wenn sich der Duft an meine Haut schmiegt, nicht wirklich. Diese luftigen Nuancen ähneln eher weicher, zart aufgeschlagener Sahne. Dies hat eine unwiderstehliche Wirkung, wie eine ganz sanft umhüllende sommerliche Hitzewelle.

Der Duft ist von der Atmosphäre am Strand von Ipanema inspiriert. Der Strand ist weniger von Touristen frequentiert und deshalb viel ruhiger als der benachbarte Strand von Copacabana. Dies wurde sehr schön im Duft umgesetzt. Eau D'Ipanema ist nämlich nicht laut, sondern still und hat nichts von meinem eingangs erwähnten Karnevalsspektakel. Dafür erinnert er mich an einen früher Morgen, wenn die Luft noch frisch und wunderbar kühlend ist und die Sonne sich noch nicht zu ganzer Strahlkraft entschlossen hat. In Gedanken spaziere ich beim Sonnenaufgang durch Santa Teresa. An diesen Hügeln lebten einst in prachtvollen Villen die Familien der Kaffeebarone. Heute wird es von Hippies und Künstlern neu entdeckt. Ich laufe über den Strand, während die Menschen in einer der schönsten Städte der Welt gerade aus ihren hitzigen Träumen erwachen, dem Rauschen der Wellen am azurblauen Atlantik entgegen, die Sandalen abgestreift, spüre ich den heißen Sand von Ipanema unter meinen Füßen. Ich setzte mich mit einer frischen grünen Kokosnuss mit Strohhalm hin und betrachte den aus dem Meer im gleißenden Licht aufsteigenden Feuerball vor der malerisch eingebettetn Hügellandschaft zwischen den Ausläufern des Gebirges Serra do Mar und dem Atlantischen Ozean. Plötzlich fliegt ein Kolibri aus den unzähligen bewaldeten Hügeln, die sich überall zwischen dem Beton ihren Weg in die Freiheit bahnen, vorbei und erzählt von üppig bepflanzten Gärten, wild wuchernden Kräutern, der Frische der Bäume und Blätter, die die Boutiquen und Restaurants oberhalb des Strands an der Rua Visconde de Piraja säumen, von all den bunten Ständen mit frischen Mangos, Papayas und Maracujas.
 
Der ganze Charme von Eau D'Ipanema liegt für mich in seiner hinreißenden Spontaneität, wie er es vermag sich mit natürlich ineinander aufgehenden Akkorden stets neu zu erfinden. Dies ist ein wundervoller Ausdruck der geballten Lebensfreude und der nicht enden wollenden Sommertage am Strand von Ipanema. Diese Kreation konzentriert sich auf das Wesentliche ohne in Übertreibungen abzudriften und steigert so meine Faszination. Meine Lieben, genau so duftet der Sommer für mich – nach süßen Blüten, grünen Blättern, exotischen, köstlichen Früchten und viel frischer Tropenluft – unbeschwert, verspielt, warm, dennoch aber auch unglaublich luftig.
 
Fala do amõr!

Wie ihr wisst, will ich immer mehr als bloß den Duft ergründen. Diesmal war ich chancenlos. Niemand weiß genau, wie A Lab On Fire arbeitet und auch die Identität des Markengründers Carlos Kusubayashi ist geheimnisumwoben. Aus einem ganz einfach Grund: die Komplexität, die provokative Botschaft, das Wesen seiner Düfte soll stärker betont werden, als seine Persönlichkeit. Den gleichen Zweck verfolgt auch das minimalistische Industrie-Design des Flakons - alles um den Blick auf das Mysterium, das Unwahrscheinliche, das ultimative Rätsel des Dufts zu lenken, eines Dufts, den wir nicht bloß kennenlernen, sondern den wir erleben müssen, als sinnlichen Zufluchtsort in einer Welt überreizter Sinne.

www.alofparfums.com

Fotos © A Lab on Fire & Intertrade Group
Model: Lola Call | Fotografin: Laura Johnson für A Lab on Fire