Préparation Parfumée Andrée Putman Un Peu d'Amour

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Habt ihr auch mitbekommen, dass Annie Leibovitz für die neueste Ausgabe des legendären Pirelli-Kalenders die künstlerische Leitung übernommen hat? Die für aufwendig inszenierte Portraits bekannte Meisterin der Fotografie hat sich etwas recht Außergewöhnliches für dieses Projekt ausgedacht. Sie porträtierte ganz schlicht in Schwarz-Weiß Damen, die nicht (wie sonst in dem Kultkalender üblich) durch äußerliche Attribute, die dem gängigen Schönheitsideal entsprechen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich ziehen, sondern interessante Frauen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie in ihrem Leben etwas Bedeutendes erreicht und geleistet haben und deren Attraktivität ein Ausdruck einer inneren, starken und unabhängigen Persönlichkeit ist. Ich bin überzeugt, wäre Andrée Putman – die Grande Dame des französischen Designs und eine der weltweit renommiertesten Innenarchitektinnen ihrer Zeit – noch unter uns, würde auch sie ein Kalenderblatt zieren. Denn die großartigen Erfolge der Künstlerin und ihr aufregendes Leben als Mitglied der Pariser Haute Voleé verdienen tiefe Bewunderung.

Ich wurde auf das Schaffen von Andrée Putman beim einem Besuch des Hotels im Wasserturm in Köln aufmerksam und habe mich sofort in ihren unverkennbaren Stil – modern und doch zeitlos – verliebt. Am meisten beeindruckte mich ihr Spiel mit Licht und Transparenz, wie sie helle Crèmefarben mit dunklen Hölzern und edlen Stoffen kontrastierte, um eine warme Atmosphäre in den Räumen zu erschaffen. Ich habe mich sehr gefreut, als die Parfum-Kollektion von Andrée Putman anlässlich des 15. Jahrestages ihres ersten Parfums auf der Unscent Premiere feierte. Ich kam einst in den Genuss – Préparation Parfumé – den Duft, den Andrée Putman in Zusammenarbeit mit der bekannten Parfumeurin Olivia Giacobetti kreiert hatte, kennenzulernen. Umso größer war die Überraschung und Freude, dass nun eine ganze Kollektion erscheint, die ihr Streben nach Eleganz und Raffinesse sowie ihre Suche nach der Zeitlosigkeit schöner Dinge in olfaktorischen Wahrnehmungen zusammenführt.

Andrée Putman mit ihrer Tochter Olivia sowie Impressionen ihres Schaffens aus dem Hotel im Wasserturm in Köln

Das Leben von Andrée Putman glich einem modernen Märchen – keinem aus Hollywood – einem französischen selbstverständlich mit Charme, Esprit und einem koketten Augenzwinkern. Sie entstammte einer Familie des Großbürgertums von St. Germain, wuchs behütet auf und studierte am Pariser Konservatorium, bis sie eines Tages aus diesem goldenen Käfig ausbrach, ihre Flügel entfaltet und ihrer wahren Leidenschaft folgte – dem Design. Dafür gab sie eine ihr vorgezeichnete Karriere als Pianistin auf und wagte etwas völlig neues, völlig anderes und wurde Kolumnistin bei der Elle. Etwas Neues zu wagen, etwas zu riskieren, zieht sich konsequent, wie ein roter Faden, durch ihr Leben. So beschloss sie mit 53 Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit und gründete Ecart (ein Unternehmen, welches sehr erfolgreich vergessene Möbel und Designobjekte von Künstlern des französischen Modernismus aus den dreißiger Jahren reproduzierte, denn laut der Künstlerin bringt modernes Design alte Formen auf ein neues, höheres Niveau und verhilft der Designkunst auf diese Weise zu mehr Popularität – Ende der 90er gründet sie dann ein Studio unter ihrem eigenen Namen, welches nun ihre Tochter Olivia fortführt). Seitdem zählten Karl Lagerfeld, Yves Saint-Laurent und Thierry Mugler, Cartier oder Guerlain zu ihren Kunden, für die sie Läden einrichtete, ebenso wie das Interieur der Concorde (in allen nur denkbaren Graunuancen). Auch der französische Kulturminister Jack Lang bat sie sein Büro im Palais Royal zu gestalten und mit ihren puristischen und graphischen schwarz-weißen Designs für das New Yorker Morgans Hotel wurde sie weltberühmt (nur um einige ihrer bemerkenswerten Beiträge zur Weltgeschichte des Designs zu nennen). Die Autodidaktin vereinte luxuriöse Materialien mit funktional-ausgeklügelten Details in schlichter Zurückhaltung. Alle ihre Werke zeigen ihren wundervollen Sinn für geometrische Formen, stets mit der vollendeten Beherrschung einer nahezu monochromatischen Farbpalette (vorzugsweise in Schwarz und Weiß) und unter der Prämisse, die Ästhetik über den Komfort zu stellen. Niemand sonst, hat wohl das Bild eleganter französischer Lebensart effektvoller in die Welt getragen als sie. Was uns Andrée Putman präsentierte, war nichts anderes als eine neue Interpretation von Klarheit. Eine Einfachheit der Ideen ohne Künstlichkeit, klar und rein, weitab üblicher Normen. 

Es war ein langgehegter Traum von Andrée Putman ihren charakteristischen Stil aus der Welt des edlen Designs mit der Welt der olfaktorischen Empfindungen zu verbinden. Denn sie wollte mit der gleichen Gelassenheit und Zurückhaltung, die sich in all ihren Design-Kreationen wiederfinden, auch in der Welt der Parfums neue Impulse setzen. So war es ihr Wunsch das – Préparation Parfumé – mit einer Kollektion von Düften zu ergänzen, die ihre persönlichen Erinnerungen reflektieren sollte. Einige Monate nachdem Andrée Putman verstorben ist, traf sich ihre Tochter Olivia mit Celso Fadelli (Präsident und Duftkurator der Intertrade Group) und hat ihm vorgeschlagen den Traum ihrer geliebten Maman posthum in Erfüllungen gehen zu lassen.
 
Die neuen Düfte sind das Resultat der Zusammenarbeit zwischen der französischen Gestalterin und Celso Fadelli, die im Jahre 2001 ihren Anfang nahm und in denen Andrée Putman ihre Signatur von Schlichtheit und Eleganz hinterließ. Die Düfte verkörpern die Perfektion einzigartiger Kreationen von Mme Putman und interpretieren ihre Vorstellung von modernen und doch zeitlosen Luxus. Die Kollektion (bestehend aus fünf neuen Düften und dem Original) schlägt ein neues wunderbares Kapitel auf, bleibt dabei dem Geist des legendären Klassikers verbunden. Ein Konzept mit frischen und zarten Düften, die von Leichtigkeit und Raffinesse geprägt sind. Dieser Stil soll zum Leitfaden einer ganzen Geschichte werden, die von dem unvergleichlichen Zauber der Designs von Andrée Putman und ihrem Lebenswerk erzählt. Dank knapper und virtuoser Formeln wurde ein außergewöhnliches und poetisches Universum geschaffen, das durch seine originellen Dufterlebnisse zu einer Referenz für den Stil von Andrée Putman wird. Welche überraschenden Düfte wird sie mit uns teilen, welche einzigartige Geschichte erzählen? Ich war sehr gespannt und möchte euch Un Peu d'Amour vorstellen – ein wundervollen floral-würzig-pudrigen Duft, der die Schönheit der zeitlosen französischen Haute Parfumerie bewahrt und gelungen in unsere modernen Zeiten von heute einbettet – phantasievoll und warmherzig.
 
Duftkomposition
Kopf • Orange, Bergamotte
Herz • Jasmin, Maiglöckchen
Fond • Vanille und Sandelholz
 
„Das Geheimnis des Lebens besteht darin, zu lieben und geliebt zu werden“ 
sagte Andrée früher immer zu ihrer Tochter Olivia.

Un Peu d'Amour ist die duftgewordene Verkörperung dieser wundervollen Weisheit – wie ein Klangspiel, in dem die Schönheit dieser Worte widerhallt und deren Dufthauch das erhabenste aller Gefühle - die Liebe - ist. In mir ruft das Parfum die einfachen, immer währenden Freuden hervor, die ich im Leben so sehr schätze. Un Peu d'Amour inspiriert dazu, den Moment zu genießen und sich ihm ganz hinzugeben. Alle Duftnoten sind mit Natürlichkeit, differenzierter Dynamik und leuchtenden Klangfarben zusammengeführt worden, deren Schönheit und Faszinationskraft mich sehr beeindruckt.

Vom ersten Moment an zieht mich dieser Duft in seinen Bann. Ich kann es kaum glauben und muss immer wieder an meinem Handrücken schnuppern. Die duftende Partitur mit der sanften Melodie eines Liebeslieds von Mylène Farmer, Céline Dion oder vielleicht doch von der einzigartigen Piaf, beginnt luftig und leicht, sprühend und heiter mit der spielerischen Frische von spritzigen Zitrusnoten. Diese versprühen eine sofortige belebende Intensität und ein Gefühl, das mich an den zarten Schimmer erster Perlen kühlen Morgentaus erinnert. Ein prickelnder Flirt aus Orange und Bergamotte macht den Auftakt dieses Duftzaubers federleicht, unbeschwert und strahlend. Die Kopfnote symbolisiert für mich das lebensfrohe joie de vivre wie in dem romantisch-sprachverliebten und poetisch-pointierten C'est Une Belle Journée von Mylène Farmer, in dem Gedanken, Bilder und Gefühle regelrecht miteinander tanzen. Die Aromen dieses Duetts – so klar, angenehm herb und fruchtig-süß, einfach neckisch – beleben meine Sinne und schenken erfrischende Lebensfreude. Die Kombination dieser Essenzen ist ganz pur und auf das Wesentliche reduziert und versprüht eine ganze natürliche und fruchtige Frische, die die aufkommenden grellweißen Blüten mit tausend Zitrus-Strahlen blendet.

Nachdem diese lebhafte Spritzigkeit nachgelassen hat, entfaltet sich die Sanftheit reiner Blütenessenzen. Dazu konzentriert sich die Melodie nun auf zwei sehr dicht aneinander gedrängte und meisterhaft orchestrierte Hauptnoten von Jasmin und Maiglöckchen. Ich liebe den sinnlichen Duftgenuß weißer Blüten und hier erblüht wirklich ein verschwenderisch-üppiges Bouquet von Jasmin. Der überraschend kraftvolle, blumige Duft, der sich in ihren zarten weißen Blüten versteckt, ist so stark und süß-intensiv, hier nahezu einzigartig und enthusiastisch interpretiert und verleiht Un Peu d'Amour dichte, fesselnde und intensive, strahlende Aromen (allerdings erscheint mir hier der Jasmin wie verwandelt, ein wenig anders, etwas luftiger, einen Hauch leichter, purer, mit nur gering ausgeprägter Fruchtigkeit und Honignote - wohl so komponiert, um der Idee einer authentischen Unkompliziertheit im Geiste von Mme Putman treu zu bleiben). Im subtilen Zusammenspiel mit den Akkorden von Maiglöckchen, dessen zierliche reinweiße Knospen so frisch, blumig und intensiv duften, verstärkt sich das Strahlen dieser anmutigen Duftsymphonie und bringt die ganze Fülle und Eleganz der Kreation zum Ausdruck. Das Geheimnis dieser Eleganz liegt wahrscheinlich in ihrer Schlichtheit begründet. Um die ganze Wahrhaftigkeit und Einfachheit der Maiglöckchen herauszuarbeiten, wird ihre Essenz eingefangen, noch bevor sie sich vollständig preisgibt. Der frische Hauch des Jasmins wird durch die betörend-grünen Aromen des Maiglöckchenakkords verfeinert und zusätzlich betont. Mir scheint, als würde die Bergamotte auch wieder durchschimmern und den Eindruck luftig-leichter Frische mit ihren Pulsschlag von knackiger Herbheit verstärken. Durch diese Kombination entsteht ein Spiel der Kontraste und eine neue Alchemie der Blüten - sie erscheinen mir zunehmend in eine weiche Cremigkeit gehüllt (das ist wirklich wunderschön!). Dieses Spiel der Kontraste mit Licht und Farbnuancen war auch eines der wichtigsten Stil-Merkmale in den Werken von Andrée Putman.

Ich empfinde das Herz wie einen Balsam für die Seele und es gefällt mir sehr gut, wie hier mit Fingerspitzengefühl das Gleichgewicht zwischen den zwei Essenzen gefunden wurde. Das Herz aus Jasmin und Maiglöckchen schlägt vollkommen im Gleichklang, ohne zu ermüden und ohne Schwäche zu zeigen. Dieses ständige Wechselspiel zwischen den Blüten von Jasmin und Maiglöckchen gibt dem Duft einen fabelhaft ausbalancierten Rhythmus, der nicht aus dem Takt kommt. Ich weiß, draußen ist es ungemütlich und es wird immer kälter, aber dieser Duft erinnert mich einfach an ein Bouquet voller sonnenverwöhnter Blütenblätter, denen eine im Zenit stehende Sonne ihre Leuchtkraft verleiht. Legenden zufolge verstreuten Königinnen der Antike Jasminblüten, um Liebhaber in ihren Bann zu schlagen. Ich glaube die weißen Blüten haben auch Céline Dion betört (zumindest liedtechnisch betrachtet)... wie erklärt ihr euch sonst die stürmische Begeisterung in En attendant ses pas? Voller Charme singt sie so rein, gefühlvoll und überzeugend von der Kunst des Wartens. Mit ihrer Stimme feiert sie die absolute Hingabe an den Augenblick. Vor lauter Verliebtsein und Sehnsucht endlich wieder in den Armen ihrer Verehrers zu liegen, vergisst sie ganz, ob es Tag oder Nacht, Winter oder Frühling ist, ob ihr Adorateur blondes oder braunes Haar hat, nur an den Klang seiner Stimme kann sie sich erinnern... nichts ist inspirierender, berauschender und begehrenswerter als wahre Liebe – das wusste schon Mme Putman... En attendant juste un sens à tout ça, à tout ça

Im unvergesslich süßen und opulenten Nachhall versprüht Un Peu d'Amour eine ganz tiefe Wärme, die von der geradezu süchtig machenden, sinnlichen Umarmung von der berauschend-süßen Würze der Vanille (die dem Duft seine tiefe und betörende Sinnlichkeit verleiht und auf meiner Haut regelrecht zerschmilzt) und balsamischen und samtig-warmen Duft von Sandelholz geprägt ist. Die weißen Blütennoten werden hier im Ausklang als Reprise durch den holzigen Akkord üppig verstärkt, der den Schwingungen der Blüten mehr Dichte verleiht, so dass sich ihr Nachduft unendlich elegant und einhüllend entfaltet und zunehmend pudriger wirkt. Das ist ein berauschendes, umfassendes Gefühl von Samtigkeit auf meiner Haut und verleiht einen herrlichen und hauchzarten Duft. Die Vanillenote – so samtig und cremig – ist hier so zauberhaft-köstlich umgesetzt worden, dass ich verführt bin möglichst viel von dem unwiderstehlichen Geruch geradezu aufzusaugen. Diese Noten verleihen dem Parfum seine Intensität, die auch nach stundenlangem Tragen noch erhalten bleibt, wie die leidenschaftlich-sinnlichen Klänge eines Notturnos getragen von der unvergleichlichen Stimme einer der größten Legenden des französischen Chansons - Edith Piaf – und von Leidenschaft, Liebe und Glück erzählend. Genau wie die schmelzende Sanftheit ihrer Stimme, nimmt mich auch Un Peu d'Amour gefangen und ich bin beeindruckt, wie wunderbar die Weisheit von Andrée Putman „zu lieben und geliebt zu werden“ in all ihren Facetten umgesetzt wurde. Die geheimnisvolle Aura der Liebe geht hier natürlich von Jasmin aus, der in einem immer wiederkehrenden und sich allmählich entfaltenden Refrain mit allen anderen Duftnoten begnadet harmoniert. In diesem Sinne... Hymne à l'amour!
 
Fotos © Préparation Parfumée Andrée Putman / INTERTRADE EUROPE
Andrée Putman & Olivia Putman Portraits © Studio Putman

Impressionen von Andrée Putmans Arbeit © Hotel im Wasserturm