Parfums MDCI Paris Vêpres Siciliennes

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Beschwingt von meiner Sehnsucht nach Meer und dem Wunsch das südliche la dolce vita Flair zu kosten, verbrachte ich diesen Sommer auf Sizilien. Die größte Insel Italiens ist von gleich drei Meeren umspült (dem Ionischen – benannt nach der altgriechischen Sagengestalt Io, einer Geliebten des Gottes Zeus, dem Tyrrhenischen und dem Mittelmeer) und in diese Meeres-Trilogie, die mich mit wunderschönen Uferpromenaden, Orchideen, Jasmin und Bougainvillea, Mandel- und Orangenbäumen und Weinbergen, die sich imposanten zum Meer hin ausbreiteten und idyllischen Häfen mit Fischerbooten begrüßte, habe ich mich sofort verliebt. Zusammen mit meinen Eltern haben wir uns in einem alten und charmanten Herrenhaus in Catania einquartiert und erkundeten von dort aus die schönsten Ortschaften an der Ostküste mit der ganzen Farbenpracht ihrer Obstgärten, dem Wechselspiel von azurblauem Meer und malerisch auf gewaltigen Bergmassiven gebauten Städten, die vom Grün der Olivenhainen gesäumt werden. Besonders sind mir die überbordenden Barockstädte Ragusa, Noto und Modicca mit Palazzi des alteingesessenen Adels sowie mein persönliches Glanzstück die eindrucksvolle Basilika San Giorgio (in Ragusa) mit ihrer imposanten Freitreppe in Erinnerung geblieben (es war wunderschön sich am frühen Morgen dort für einen Moment mit einer Granita aus Pistazien hinzusetzen, wenn noch nicht so viele Menschen unterwegs gewesen sind, und zu beobachten, wie die Sonne die Fassaden in ein faszinierendes Honiggelb taucht und den Moment ganz für sich alleine zu genießen). Mein sizilianischer Beauty-Tipp sind die Therme von Acireale, in denen sich unterirdisches Meeresgrundwasser mit schwefelhaltigen Wasser des Ätna vermischt und für eine fabelhafte Haut sorgt. Dieses Mal habe ich mich nicht dem Faulenzen in der Sonne am goldenen Sandstrand hingegeben, sondern die wunderschönen und kristallklaren Meerestiefen beim tauchen erkundet und den Wind und die Wellen als Einladung verstanden, um neue Eindrücke zu sammeln und mich von mediterranen Kaleidoskop mitreißen zu lassen. So habe ich mich im Windsurfen und Kitesurfen versucht (insbesondere letzteres hat es mir besonders angetan – sich von einem Lenkdrachen über das Wasser ziehen zu lassen war fabelhaft, die Kraft des Meeres und des Winds verleiht einem das berauschende Gefühl, beinahe über das Wasser zu fliegen). Ein kulturelles Highlight der besonderen Art war Taormina umrahmt vom überall üppig blühenden Oleander und kleinen verwinkelten Gassen. Schon der französische Romancier Guy de Maupassant verlor einst dort sein Herz und schwärmte, es sei zwar nur ein Dorf, in dem finden wir jedoch alles, was je auf Erden erschaffen wurde, um unsere Augen, unseren Geist und unsere Phantasie zu verführen. Der gleichen Meinung war wohl auch Marlene Dietrich, die ein Asyl der Ruhe und Entspannung dort fand und auch mir hat diese kleine Ortschaft mit dem malerischen Ausblick auf die unendliche Weite des Meeres und der beeindruckenden Kulisse des antiken Teatro Greco besonders gut gefallen (seit dem Bildband Theatres von ROADS habe ich eh ein Faible für solche Bauten).

Duftkomposition
Kopf: Mandarine, Grapefruit, Orange, Pfeffer, Blattgrün, Kardamom, Maiglöckchen, Magnolie
Herz: Jasmin, Ylang-Ylang, Rose, Tuberose, Heliotrop, Eichenmoos, Zedernholz, Ambra, Orangenblüte
Fond: Osmanthus, Himbeere, Gewürznelke, Pflaume, Kokosnuss, Pfirsich, Buttertoffee, Moschus und Vanille
 
Fasziniert von Sizilien, möchte ich euch ein Parfum vorstellen, das die imposante Flora Italiens eindrucksvoll kultiviert: Vêpres Siciliennes aus dem Hause Parfums MDCI Paris (Marchal Design & Créations Indépendantes).

Die Inspiration zu Vêpres Siciliennes war der innige Wunsch des Markengründers Claude Marchal, die vollkommene Schönheit Italiens olfaktorisch einfangen zu wollen. Diese offenbarte sich ihm auf besondere Weise in einer hereinbrechenden mediterranen Nacht, als sich die glühende Hitze des Tages niedersenkte und er in den letzten goldenen Sonnenstrahlen des Abends durch einen sizilianischen Garten voller Zitrusfrüchte und Blüten spazierte (ja, ich weiß, dieses Thema ist fast zur Erschöpfung interpretiert worden, aber Parfums MDCI nimmt uns auf eine olfaktorische Reise mit, die eine vollkommen andere Richtung einschlägt, als wir vermuten würden). Seine Erinnerungen an diese sizilianische Nacht, die mit ihren Düften nicht nur die Luft veredelte, sondern auch seine Vorstellungskraft beflügelte, hat Claude Marchal der Parfumeurin Jeanne-Marie Faugier anvertraut. Mme Faugier ließ sich von Claude Erzählungen leiten und hat diese exquisiten, opulenten und herb-süßen Wohlgerüche, die ihm so imponiert haben, für uns in einem äußerst komplexen und facettenreichen Duft verewigt. 

Die Parfumeurin Jeanne-Marie Faugier (aus dem Hause Technicoflor)
ist für ihre Kreationen für das Haus Frapin bekannt und geschätzt.
 
Es ist eine reizvolle Herausforderung für mich die prächtige Schönheit von Vêpres Siciliennes (eine Seltenheit mit 26 Duftnoten, wohl nur von DARK SAPHIR von AGONIST mit 27 Duftnoten übertroffen) in Worte zu kleiden. Um eine Idee für den Duft zu entwickeln, musste Mme Faugier wieder und wieder in die Geschichte von Claude Marchals sizilianischer Nacht eintauchen und seine Erinnerungen an das geheimnisvolle Herz dieser majestätisch erscheinenden Landschaft in die Silhouette eines Dufts übersetzen. So hat sie nicht nur eine beeindruckende Fülle an kostbaren Ingredienzien zusammengeführt, sie hat es auch meisterhaft verstanden, eine harmonische und sehr edle Komposition daraus zu kreieren, die trotz der großen Menge an fruchtig-blumig-gourmandisen Wohlgerüchen in keinem Moment überladen (oder gar aufdringlich) wirkt, sondern eine virtuos nuanciertes Bild auf der Haut entstehen läßt.

Vêpres Siciliennes erscheint mir seiner charakteristischen Duftkomposition, wie ein vor Pracht strahlendes Renaissance-Gemälde von Tizian (mein Lieblingsbild von ihm ist Ofrenda a Venus). Seine Werke verkörpern den ästhetischen Inbegriff von Anmut und werden als endgültige Erfüllung universeller künstlerischer Vollkommenheit angesehen. Der wohl bedeutendste Maler der venezianischen Geschichte wiederentdeckte die antiken Ideale und zelebrierte mit seinem ausgeprägten Kolorismus voller Helligkeit und Klarheit und mit dreidimensionalen, der Wirklichkeit entsprechenden, plastisch-modellierten Elementen ein der natürlichen Sinnlichkeit zugewandtes Lebensgefühl auf der Leinwand und repräsentierte damit einen Stil von klassischer Schönheit, Harmonie und Grazie.

Tizian betrachtete die Farben und die Leinwand zudem als etwas, dem mit schöpferischer Individualität und großer Sensibilität Seele zu verleihen war. Die Auseinandersetzung mit der Beschaffenheit und Form des Materials war für ihn dabei von großer Bedeutung. Um die seiner Gemälde auszeichnende farbliche Brillanz zu erreichen, verwendte Tizian stärkste Farbpigmente, die er selbst kreierte und mit äußerster Geduld abgestuft und schichtweise auftrug. Ähnlich geht auch Claude Marchal bei der Schöpfung seiner Kreationen vor. Einen Duft zu komponieren, vergleicht er mit dem malen eines Bildes. Denn Monsieur Marchal ist ein sehr visuelle geprägter Mensch. Bei jeder Duftschöpfung hat er ein ganz bestimmtes Bild vor Augen. Dann beginnt er mit dem Parfumeur mit viel Fingerspitzengefühl die ersten Skizzen zu zeichnen - z. Bsp. einen Baum mit Ästen, dann werden nach und nach Zweige hinzufügen, dann Früchte oder Blumen und dann entscheiden beide, welche Farben ihr olfaktorisches Bild ausstraheln und wie der Lichteinfall gestaltet werden soll, indem sie Pastellfarben mit dunklen Farbtönen verschmelzen. Und wie bei einem Gemälde müssen Spuren und Linien gedämpft, entfernt, aufgehellt, verstärkt oder gar neu eingebettet und gestaltet werden und so verändert sich auch die Struktur des angestrebten Dufts während dieser kreativen Phase.
 
Kreativität ist das Wichtigste bei der Kunst der Haute Parfumerie. Deshalb darf sie nie durch ein Budget begrenzt werden, erklärt Claude. Bei den Kreationen seines Hauses werden keine Kosten bei der Beschaffung der wertvollsten Rohstoffe für einen Duft gescheut. Die Parfumeure erhalten bei MDCI die Freiheit die luxuriösesten und seltensten Ingredienzen auszuwählen. Am Ende zählen nicht die Kosten, sondern wie Essenzen und Extrakte miteinander kombiniert werden, wie sie sich zueinander verhalten und welchen Eindruck sie vermitteln und hinterlassen. Claude Marchal denkt nicht darüber nach, inwieweit sich ein neuer Duft von einem anderen unterscheidet. Er folgt keinen Trends, sondern seiner wichtigsten Maxime, den Idealen der Renaissance, die in der klassisch griechischen und römischen Antike die einzige Ausdrucksmöglichkeit der Kunst sah. Dieser Philosophie folgend entstehen idealschöne und makellose Düfte, die zu poetischen Höhenflügen aufsteigen und einen strahlenden Wiedererkennungswert haben und sein persönliches Verständnis vom Wesen der Schönheit Ausdruck verleihen.

Was sich jetzt leicht anhören mag, ist ein sehr langer Prozess. Claude vergleicht einen Parfumeur auf der Suche nach dem idealen Duft, mit einem Goldgräber, dessen Suche auch nicht jeden Tag von Erfolg gekrönt ist. Doch jede Anstrengung, ganz gleich wie hart sie gewesen sein mag, ist vergessen, wenn sich der mühsame Schaffensprozess gelohnt hat und der Goldgräber oh pardonne-moi der Parfumeur sein flüssiges Gold gefunden hat. Ich vermute Mme Faugier fühlte sich auch einem Goldgräber gleich, als sie die Komposition zu Vêpres Siciliennes vollendet hat.

Der helle Glanz und Schmelz des Lichtes von Vêpres Siciliennes kitzelt beim ersten Akt auf angenehme Weise meine Nase und der zitrisch-florale Charmeur beginnt seine Duftsaga sehr italienisch und grün mit einem wunderbaren Hesperiden-Balett – mit warmer, mild-süßer, weich-fruchtiger Mandarine (samt ihrer sinnlichen und blumigen Facetten – ähnlich der Neroli), herb-spitziger Grapefruit und frisch-fruchtiger, saftiger Orange (nur am fruchtbaren Hügelgebiet am Fuße des Ätnas gedeihen diese Zitrusfrüchte besonders gut). Dieser erfrischende Effekte mit zurückhaltender Fruchtigkeit erinnernt mich an ein Zitronenbaiser und belebt subito meine Sinne und wirkt dabei wohlig sonnig auf meiner Haut. Diese Duftentwicklung verleiht dem Duft zudem eine elegante Reinheit, die mit dem intensiv-süßlichen Blütenduft von reinweißen Maiglöckchen und mit einem aparten Hauch zart-seidiger und wunderbar cremiger Magnolie (deren Balance Mme Faugier durch die strahlenden Zitrusnoten erreicht) ideal harmoniert und mit bitterem, stechendem Blattgrün abgerundet sowie mit scharfen Pfeffer und Kardamom intensiv und aromatisch gewürzt wird. Bereits bei dieser Ouverture wird klar, dass Jeanne-Marie Faugier und Claude Marchal sich viele Gedanken gemacht haben, wie sie das Thema einer sizilianischen Nacht umsetzten. Der Duft öffnet sich strahlend elegant und sprudelnd und es ist das zugleich Klare und schmelzende zirtische Süß dieses flirrenden Duft-Kolorits mit seiner harmonischen Zusammensetzung der verschiedenen Duft-Farben und Schattierungen, das mich entzückt. 


Das Glitzern der strahlenden Kopfnoten weicht langsam dem zweiten Akt und gibt den Blick auf das üppig florale Herz mit seiner wundervollen Duftlandschaft frei und skizziert ein Bild, wie sich Blüten im Sommerwind wiegen und ihren Duft emportragen. Die wohl schönsten Düfte entwickeln sich auf meiner Haut und ich erinnere mich an den herrlichen Stadtgarten Parco Duchi di Cesarò von Taormina mit seiner exotischen Blumenpracht in leuchtenden Farben. Insbesondere zur Abendstunde verströmen dort die Blüten von Tuberose, Jasmin, Ylang-Ylang und Rose sowie wundervoll-aromatische Orangeblüten einen einzigartig-enthusiastischen und verführerisch-süßen Duft mit intensiv-honigartigen, würzigen und zugleich fruchtig-kräuterartigen Duftnuancen. Diese tiefen und voll-blumigen, nahezu narkotisch-orientalischen Nuancen fließen in den Duft von Vêpres Siciliennes und werden mit pudrigen Heliotrop kokett umrundet, dessen wunderbarer Duft mich an Marzipan, Vanille und Mandeln erinnert (und ich sofort Bilder von sizilianischen Mandelgebäck hauchzart mit Puderzucker bestäubt und glänzenden Marzipanfrüchten vor Augen habe) und geben einen deliziösen Vorgeschmack auf den fabelhaften Ausklang, ohne dabei jedoch schwer zu werden. Das Herz ist nahezu erzählerisch gestaltet, die Duftnoten samtig und zugleich ausdrucksstark und mitreißend in Szene gesetzt. Zudem verleihen trockene Zedern-Akzente der floralen Üppigkeit einen aromatischen, holzig-süßen und balsamischen Charakter (das Aroma von Zedern mutet sehr puristisch an und reflektiert bestens die Zitrusfrüchte aus der Kopfnote), der durch Eichenmoos geerdet wird und mit süßen Ambra das Finale einläutet.

Beim finalen Akt nimmt der Duft langsam eine verlockende Gestalt an (unmöglich ihm zu widerstehen, denn seine Temperatur steigt unaufhaltsam) und feiert die schöne, weich-warme Duft-Tendenz mit holzig-trockener, bouquethafter, zart-würziger Vanille (die dem Duft eine sinnlich-verführerische Tiefe verleiht, aber nie zu lieblich oder delikat erscheint), kombiniert mit der fein-pudrigen und ätherisch-luftigen Eleganz von Moschus, die mit Anklängen von karamellisierten, sahnigen, geschmolzenen Buttertoffee und samtiger Kokosnuss versüßt wird. Alsbald offenbart sich das Duftfinale von einer recht unerwartet Seite und verführt zur späten Stunden mit fruchtig-blumigen und pastellig anmutenden Duft von Osmanthus, Pfirsich, frisch-süßen Himbeeren und dem kräftigen, süßen Duft von großer aromatischer Fruchtigkeit der Pflaume (die besonders gut mit den Blumendüften aus dem Herzen harmoniert). Mme Faugier hat dabei den strahlenden Glanz dieser Duftnoten raffiniert herausgearbeitet, um gleichzeitig ein Gefühl von Leichtigkeit aber auch Volumen und elegant und dezent dosierter Opulenz zu vermitteln. Als Schlusspunkt greif Mme Faugier mit Gewürznelken zu einer herben Note der Duft-Partitur, um dem Abschluss eine leicht raffinierte (um nicht zu sagen laszive) Note zu verleihen.

Der Duftverlauf ist ausgesprochen spannend, ein permanentes Spiel von Licht und Schatten – mit den unterschiedlichsten Gesichtern, mal offenbaren sie sich, mal verbergen sie sich und jede Facette reflektiert sich in einer anderen – grün-pudrige Nuancen ergießen sich über eine würzige Cremigkeit, während dazwischen immer wieder eine minimale Süße aufflakert, die sich mit zitrischer Frische vereint und eine Impression voller floraler Weichheit und gourmandiger Wärme hinterläßt.

Vêpres Siciliennes gibt sich nicht bereitwillig preis, sondern fordert konzentrierte Aufmerksamkeit. Nur wer sich auf die Besonderheiten und seine vielen, miteinander verwobenen Duftnoten einlässt, dem offenbart er sich in seinen mosaikartigen Facetten und olfaktorischen Metamorphosen. So eroberte mich der Duft nicht bloß mit der faszinierenden Replikation der schmeichelnden Wohlgerüche aus der Natur, sondern weil er auch die sehr starke sinnliche Emotionalität, die Claude Marchals Erinnerungen an diese besondere Atmosphäre einer Vêpres Siciliennes geprägt hat, auf bewundernswerter Weise mit uns teilt und damit (zumindest mich) zum Tagträumen verführt.

Aber können wir den Duft tatsächlich als Chypre-Duft klassifizieren, wie von vielen Parfumliebhabern getan, nur weil Eichenmoss mit den Duftnoten verwebt worden ist? Der Duft bietet uns mit seinen Früchten, Blüten und Gourmandnoten doch so viel mehr (allerdings mag der Duft keine Hitze und entfaltete seine wahre Schönheit an kühleren Tagen oder in den Abendstunden).

Dieser wundervolle Duft präsentiert sich (wie alle aus dem Hause MDCI) in einem kunstvoll gefertigten Kristallflakon, der von einer formschönen und makellosen Porzellanbüste aus Limoges (der französischen Hauptstadt der Porzellanherstellung, die noch heute europäische Königshäuser beliefert) gekrönt ist. Diese kleinen Kunstwerke von vollkommener Anmut, die nach alter Tradition von Porzellanmeistern in der Manufaktur Sèvres entworfen und per Hand hergestellt werden, sprechen eine klare Formensprache und brechen mit den Regeln des modernen Minimalismus und symbolisieren universelle Werte, klassische Ideale und zeitlose Schönheit (insbesondere wegen diesem exquisiten Design wird Parfums MDCI fälschlicherweise von vielen Parfumliebhabern, als elitär, um nicht zu sagen überteuert, wahrgenommen, doch das ist nicht die Absicht der Marke, sondern spiegelt einzig die Faszination des Gründers von der Kunst der Parfumherstellung wider, der mit diesen sagenhaften Flakons auf künstlerische Weise Tribut gezollt wird).

Die Büste auf dem Damenflakon steht für Sanftheit, Zurückhaltung und Zärtlichkeit, während der Herrenflakon Stärke, Authentizität und Sicherheit symbolisieren soll – wahlweise gibt es die Düfte auch in Glasflakons, die mit verführerischen Quasten geschmückt sind.
 
Die Inspiration zu diesem wahrhaft außergewöhnlichen Flakon-Design, fand Claude Marchal in seinem Elternhaus, das mit Antiquitäten eingerichtet gewesen ist, die seine Eltern von ihrer Zeit in Ägypten und anderen fernen Ländern mitgebracht haben. Claude ist der Meinung, dass heutzutage Schönheit in unserem Leben fehle und zeitgenössische Kunst zu oft nur miserabel Gewöhnlichkeit darstelle, weshalb er die wahre Schönheit in der Kunst eben in der Renaissance »der Wiedergeburt der Künste« sucht und auch als Anlehnung an diese Epoche einen ikonischen Flakon mit einer makellosen Silhouette und kunstvollen Linienführung entworfen hat, der die formschönen Ideale der Antike mit dorischen Säulen, abgerundetem Kapitelln und Sockeln in höchster Vollendung aufgreift und sein Streben nach Perfektion ver­sinn­bild­li­cht.

Parfums MDCI Paris ist eine kleine französisch Manufaktur, die aus der Idee geboren worden ist, dass Luxusparfums eine Quelle der unerschöpflichen Freude und Schönheit sein sollen und keine industrielle gefertigte Massenware. Diesem Pfand folgend, kreiert das Haus in mühevoller Handarbeit meisterhafte Parfums für Kenner und Liebhaber von außergewöhnlichen Düften in kunstvollen Flakons, die insbesondere von Sammlern außerordentlich begehrt sind.

Die exzellente Philosophie eines der exklusivsten Parfum-Häuser der Welt ist mit der glanzvollen Ära der Renaissance verbunden. Claude Marchal lässt sich bei seiner Arbeit, wie die Menschen einst in der historischen Renaissance, von der griechischen und römischen Antike inspirieren, zudem schöpft er seine Inspirationen auch aus einigen der größten Kunstsammlungen der Welt – der Galleria degli Uffizi in Florenz (der Kunstsammlung der Medici mit einer überwältigenden Fülle an Meisterwerken), der Galerie d'Apollon im Louvre und der Kaiserlichen Schatzkammer in der Hofburg in Wien.

Claude Marchal fertigte selbst die Porzellanbüsten für seine Parfumflakons an. Die männliche Skulptur zeigt (entgegen möglicher Erwartungen) keinen jungen Schönling der Antike, sondern ist dem furchteinflössenden römischen Kaiser Marcus Aurelius Severus Antoninus aka Caracálla nachempfunden. Die weibliche Skulptur entstand hingegen ganz aus Claudes Phantasie und zeigt eine würdevolle Frau von zarter Schönheit. Wer sie ist? Vielleicht die Geliebte von Caracálla. Vielleicht aber auch nicht.
Dieses Geheimnis behält Claude Marchal für sich.
 
Die Geschichte von MDCI nimmt ihren Anfang bereits Mitte der 80er Jahre. Claude Marchal arbeitet damals als erfolgreicher Vertriebsdirektor für einen berühmten Flugzeugbauer, bis ein Parfumkonzern auf die irrwitzige Idee kam, ihn von seinem Arbeitgeber abzuwerben und mit dem Export-Marketing seiner Produkte in den USA und in der Karibik (was für ein traumhafter Arbeitsplatz, nicht wahr!?) zu beauftragen, weil er diese Märkte von seiner bisherigen Tätigket bereits sehr gut kannte. So lernte er das Métier der Parfumbranche kennen und lieben. Der Sprung von Businessjets zu Düfte war eine lebensbereichernde Erfahrung für den gebbürtigen Franzosen. Schnell fand er Gefallen an Duftingredienzien und begann sich für das Handwerk der Parfumherstellung zu interessieren, während er zwischen Miami und den Bahamas hin und her jettete und sich um die Marken des Parfumkonzerns kümmerte. Je größer der Konzern jedoch wurde, desto größer wurde auch Claudes Enttäuschung über die sich einschleichende Mittelmäßigkeit und leider auch Profitgier. Doch diese Frustration eröffnet ihm eine neue und bis dahin ungeahnte Möglichkeit.

Was ihm vorschwebte war ein eigenes, kleines Parfumhaus, bei dem er sich einzig und allein auf das Wesentliche – den Duft – konzentrieren könnte. Der schöne Reiz sollte darin bestehen, wenige Düfte zu produzieren, dafür aber luxuriöse und feinste Rohstoffe zu verwenden – nicht für die Masse, sondern für Kenner und Liebhaber, die einen wahrhaft exklusiven Duft zu erkennen und wert zu schätzen wissen, wie Claude erklärt. Diese Idee entstand 1994. Die Umsetzung seiner Pläne dauerte fast zehn Jahre, forderte viele Entbeehrungen, lernte ihn viele Herausforderungen zu meistern und dabei nicht aufzugeben. 2003 erblickten die ersten Kreationen aus dem Hause Parfums MDCI Paris das Licht der Welt.

Das Konzept von MDCI basiert bis heute auf dem Ansatz, dass der Duft und der Parfumeur im Mittelpunkt stehen, denn sie sind die wahren Künstler, nicht die Marke selbst (Claude ist auch eher ein Familienmensch, der am liebsten in seinem Haus auf dem Land, umgeben von grünen Wiesen, in den französischen Alpen entspannt und im Sommer Kristalle sucht, die er neben Antiquitäten sammelt, anstatt sich auf dem roten Teppich zu präsentieren). So legt die Maison keinen Wert auf Selbstdarstellung und bedient keine Plattitüden und Klischees, sondern investiert lieber in Qualität, als in das Image (ein Konzept, das mich in seiner Struktur an Editions de Parfums von Frédéric Malle denken läßt). Dieser Denkart kann ich nur bei­pflich­ten, denn die wahre Schönheit eines Parfums offenbart sich einzig durch seinen Duft und nicht durch Werbekampagnen.

Weiß wie Schnee... hart wie Stein... zart wie Seide...

Parfumeure zu finden, die Claudes Vision nicht nur versteht, sondern auch mit Tatendrang ans Werk schreiten würden, war der Schlüssel zum Erfolg. Zwei große Meister der Parfumkunst, Pierre Bourdon (hat u.a. Kouros für Yves Saint Laurent, Sun für Jil Sander oder Dolce Vita für Christian Dior kreiert) und Francis Kurkdjian (hat u.a. Le Mâle für Jean-Paul Gaultier und L'Eté & L'Automne für Van Cleef & Arpels erschaffen), bekamen für die Kreation der ersten Düfte von Parfums MDCI die Carte Blanche und konnten ihre Kreativität verwirklichen und waren dabei keinen Einschränkungen in der Auswahl und Qualität der Rohstoffe und der olfaktorischen Themen unterlegen. Claude Marchal verließ sich bei der Zusammensetzung der Düfte vollkommen auf die Intuition und Erfahrung der Parfumeure und forderte ihre Vision von Maskulinität und Femininität heraus (Pierre Bourdon kreierte den ersten Herrenduft Ambre Topkapi und Francis Kurkdjian die ersten drei Damendüfte Promesse de l`Aube, Rose de Siwa und Enlevement au Serail für MDCI). Ziel war es, das Parfum als Kunstform wieder aufleben zu lassen. Über diesen Ansatz entstehen bis heute mit einigen der international renommiertesten und talentiertesten Parfumeure unserer Zeit, wie Patricia de Nicolaï oder Bertrand Duchaufour, einzigartige und exquisite Duftkreationen, die sich der Tradition der Haute Parfumerie verpflichtet fühlen.

Claude Marchals persönlicher Lieblingsduft (außer seinen eignen Kreationen natürlich), ist übrigens das legendäre Vol de Nuit. Ein Duft, den er mit einem ganz explosiven Erlebnis aus seiner Kindheit verbindet... während eines Nachtflugs mit einer Super Constellation (einem viermotorigen Propellerflugzeug aus den fünfziger Jahren) blickte er beim Start aus dem Kabinenfenster und sah, wie Flammen aus den Triebwerken schossen. Diese Erinnerung hat sich zusammen mit dem Duft in sehr lebendigen Bildern buchstäblich in seine Erinnerung eingebrannt. Noch heute muss er jedes Mal an diesen Augenblick denken, wenn er den Duft riecht und schmunzelt, welch große Wirkung olfaktorisch geprägte Erfahrungen und Erlebnisse auf unsere Wahrnehmung haben. Immerhin ist Erinnerung auch die stärkste Kraft, die einem Parfum innewohnt und unser Leben bereichern und inspireren kann. Diese Kraft versucht Claude Marchal in seinen Düften einzufangen. 

Ich bewundere es, wie MDCI es vermag in seinen Kreationen Kunst, Leidenschaft und Kreativität zu vereinen und damit zur Virtuosität der emotionalen Haute Parfumerie beizutragen. Und dies ist die vollkommenste Art der Parfumerie, weil sie uns träumen und erinnern läßt und dabei doch ihr Mysterium nie ganz preisgibt.
 Fotos © Parfums MDCI Paris